Wappen der Familie Sellschopp

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Kirchenvisitationsprotokolle des Amtes Grabow 1656, S. 63 - 65

EXAMEN DES ORGA=
NISTEN

Ad art.   1. Er heiße Samuel Selschop, habe die Kunst in der
Stadt Lübecke gelernet von Hinrico Wulffen,
bestalten Organisten beÿ St. Ottilien1 dasälbest;
Seÿ von 26 Jahren seines alters undt wehre
gebohren zu Vellahn im Ambte wittenburgh
belegenem Dorffe, wosälbest zu der Zeit sein
Vater Cüster, Organista undt Zolner gewesen.
Ad art.   2. Seÿ von I. F. M. Herrn Adolph Friedrichen,
Hertzogen zu Mecklenburgh zu diesem Dienste
vociert undt habe die Orgel hiesälbest auf den
bevorstehenden Michaelis fünf Jahr lang bedienet.
Ad art.   3. Das Werck der Orgel seÿ in sehr schlechtem Zustan=
de, gestalt solches der augenschein beÿ der inven=
tation entdecken werde undt dabeneben des
Johan Gaden Orgelbauwerß in in wißmar schrift=
liche nachricht solches bekennet, maßen dersäl=
bige vor etlichen Jahren den augenschein eingenom=
men undt hiesälbest die befundene mengel
schriftlich aufgesetzet undt hinterlaßen habe;
Nehme sonsten das Werck beÿ solcher beschaffen=
heit bester möglichkeit nach in acht.
Ad art.   4. Sagt Ja; Er thue solches undt werde die Hern
Pastores ihme deßwegen Zeuchnuße geben können;
habe biß anhero keine reisen vorgenommen ohne der
Hern Pastoren Vorwißen.
Ad art.   5. Er thue solches, vermöge löbl. Kirchen Ordnunge
undt auf besonderen befehl der Hern Pastoren.
Ad art.   6. Er thue solches undt habe mit worffeln undt spieh=
len nichtes zu thunde.
Ad art.   7. Er habe zu seiner Jährlichen besoldunge:
Organisten Salarium 1.An gelde Jährlich Neun undt Viertzig gülden, als
acht gülden vom Fürstl. Hause auf Trinitatis
undt dan Ein undt Viertzig gülden vom Oeco=
nomo auf Michaelis.
Rocken, 2.Ein ..., sechß scheffel Rocken Grabower mas=
se nach Michaelis aus der Oeconomeÿen von
dem Pacht Rocken.
Acker 3.An acker:
1.dreÿ stücken auf dem Ihle Pohl zwischen Hern
Hans Röselern, Rathß Verwandten undt Johan
Dedungeßhusen belegen, darin fünf schffl.
Korn feldt.
2.Zweÿ stücken beÿ der Landtwehr zwischen
Jochim Falken undt Caspar Maddausen belegen, je=
des stücke helt zwene schffl. Einfall.
Garten 4.An gährten habe Er:
1.Einen großen unbezeuneten gahrten vorm Reheber=
gischen thor beÿ Jacob Klützendorffen belegen.
2.Einen bezeuneten gahrten vor sälbigem thor beÿ
des jetzigen Pastoris, Hern Warneri Gigas, ho=
ffen gahrten belegen.
Wiesen 5.An Wiesen habe Er:
1.Eine Nieder wische vor dem Rehebergischem
thor von sechß schwaden, belegen zwischen Jochim
Gabbeken und Stöffen Milätzen, Müllermeistern
ohne gefehr von zweÿ Füder Heuweß.
2.Eine Nieder wische auch dasälbest von acht schwaden,
belegen zwischen Jochim Künern undt Christian Zicken
etwan von dritter halben oder dreÿ füder Heuweß.
6.Er habe freÿe wohnunge von der Kirche undt seÿ
das Haus belegen auf dem Kirchhofe.
Mast 7.Wenn der liebe Gott die holtzunge mit Mast gesegnet,
habe Er beÿ voller Mast einem Bürger gleich an
Schweinen in die Mastunge zu jagen freÿ undt seÿ
sein großes undt kleines Viehe hüte undt weide freÿ.
Brenneholtz 8.Brenneholtz habe Er von E. E. Rathes Unterthanen
aus den Stadtdörffern Frehsenbrücke undt Kahr=
stedte von jedem Pauwersmanne Jährlich freÿ vor
der Thüre zubringen Ein Füder holtz undt zwahr
aus Frehsenbrücke berken undt aus Kahrstedte
büchenholtz; dabeÿ aber gebe Er auf einen je=
den wagen Eine Kanne Biehr undt nottürftigk
essen dehnen, die das holtz bringen.
1 Wachslicht 9.Er bekomme sönsten vom Oeconomo zu beßerer
6 tonnen Kohlen abwertunge seines Dienstes beÿ winterlicher
Zeit Ein pfundt wachß zu lichtern undt sechß thonnen Kohlen.
Ad art.   8. An accidentien habe Er keine, ohne wan Brautmes=
sen vorfallen, da dan die hochzeiter Ihme geben
nach Vermögen undt stande, etwan von den ge=
ringen leuten Zwölf schillinge, von Mittelstan=
des Persohnen Vier Marck lüb. undt von den
Vornembsten Einen halben Thaler.
Ad art.   9. Den Gravaminibus ist also forth abgeholffen.

1 Es handelt sich um die Kirche St. Aegidien. Man nannte sie damals plattdeutsch „Tilgenkark“ von „St. Tilgen“ oder „St. Illigen“ – in Anlehnung an „St. Giles“, den englischen und französischen Namen des Heiligen. Die Fehlübersetzung ins Hochdeutsche als „Ottilienkirche“ ist nicht nur dem Protokollanten der Visitation unterlaufen, sondern auch den Reiseschriftstellern Kunrad Hövelen und Zacharias Conrad von Uffenbach in ihren 1666 und 1753 erschienenen Büchern über Lübeck.